6.2.2025

„Die Stunde der Wahrheit“

Veranstaltung vom 6. Februar 2025

Warum die Demokratie nicht auf Wahrheit verzichten kann – darüber haben am 6. Februar 2025 in einer überkonfessionellen und überparteilichen Initiative 300 Hamburger Oberstufenschüler*innen mit 60 Hamburger Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur, Religion und weiteren Bereichen unserer Gesellschaft gesprochen.

Die junge Generation ist konfrontiert mit einer immer unübersichtlicheren Welt, in der die Feststellung, was wahr ist und was nicht, schwieriger wird. Auf diese Herausforderung reagierte die Initiative „Die Stunde der Wahrheit“, die die Katholische Akademie Hamburg in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. und gefördert durch den Demokratiefonds der Initiative GoVote, durchgeführt hat.

Gemeinsam mit ihren Kooperationspartnerinnen konnte die Katholische Akademie Hamburg zahlreiche Hamburger Persönlichkeiten als Gesprächspartner*innen für Schüler*innengruppen gewinnen. Viele der Schüler*innen werden zum ersten Mal wählen gehen. Die Gespräche an diesem Vormittag kreisten um die Frage, welche Bedeutung Wahrheit im Alltag, im Beruf oder in der Schule, im ehrenamtlichen Engagement oder in der Freizeit hat und welche Herausforderungen damit verbunden sind.

300 Oberstufenschüler*innen aus 9 Hamburger Schulen unterschiedlicher Stadtteile und Milieus haben sich an der „Stunde der Wahrheit“ beteiligt und in Kleingruppen die Gesprächspartner*innen besucht, darunter: der Vorsitzende der Chefredaktion des Sterns, Dr. Gregor Peter Schmitz, Steffi Severs vom Hospiz Hamburg Leuchtfeuer, Julia Wöhlke, Vorsitzende der Budnianer Hilfe e.V., der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif und die Leitende Dramaturgin am SchauSpielHaus Sybille Meier sowie Erzbischof Dr. Stefan Heße und Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Die begleitenden Lehrer*innen sprachen mit dem Journalisten und ehemaligen Moskau-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung Julian Hans.

Michel Abdollahi moderierte zusammen mit Professor Daniel Tyradellis, Philosoph und Kurator, das Abschlussplenum im Auditorium der Akademie. Beide zeigten sich sichtlich beeindruckt, mit welcher Ernsthaftigkeit die Schüler*innen die Gespräche geführt haben, ganz zu schweigen von ihrer Aufgeschlossenheit, ihre persönlichen  Erfahrungen im Plenum mitzuteilen. Alle erzählten begeistert und engagiert von ihren Eindrücken und Erkenntnissen des Vormittags. Der Direktor der Akademie, Dr. Stephan Loos, verabschiedete die Schüler*innen mit dem Appell, unsere Demokratie zu stärken und von dem nicht selbstverständlichen Wahlrecht bei der anstehenden Wahlen zum Deutschen Bundestag und zur Hamburger Bürgerschaft Gebrauch zu machen.

Die Veranstaltung wurde mit Graphic Recording dokumentiert.

Bildquellen: Gespräch beim Spiegel: Mira Enders, restliche Bilder Jürgen Gräser, Bildrechte bei der Katholischen Akademie.

Stimmen von Teilnehmenden

Schüler*innen:

„Erst einmal haben wir über das Thema „Fake News“ gesprochen, und mir ist einfach bewusst geworden, oder noch bewusster geworden, wie ich mit Fake News besser umgehen sollte. Wir sind zwar nicht auf direkte Lösungsansätze gekommen, aber dieser Denkanreiz, dass ich einfach mich noch aktiver mit Fake News beschäftigen sollte, das hat mich stark angeregt und das hab ich mitgenommen.“

„Also, ich fand den Poetry Slam wirklich berührend und bewegend. Weil da auch verschiedene […] bildliche Beispiele genutzt wurden und man konnte sich eigentlich gut hineinversetzen.“

Lehrer:

… wir als Schule können nur gewisse Perspektiven aufmachen und das meistens nur textbasiert oder mit Interviewauszügen. Aber dass die Schüler*innen mit Menschen ins Gespräch kommen können und Nachfragen stellen können, eigene Schwerpunkte setzen können, diese Möglichkeiten haben wir grundsätzlich nicht. Dementsprechend kann ich mir vorstellen, dass es sehr effektiv für die Schüler*innen war. Und auch dieser Perspektivwechsel, der eingetreten ist, weil man im direkten Gespräch sitzt.“

Gesprächspartner*innen:

Erzbischofs Stefan Heße: „Jesus selbst hat gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Auch wenn ein faktenbasierter Diskurs unerlässlich ist – für mich ist dieses Wort Jesu eine Aufforderung, die Wahrheit nicht über bloße Fakten zu definieren, sondern sie in vielen Aspekten des Lebens und im Glauben zu suchen. Und ich verstehe die Suche nach der „Wahrheit“ auch als Einladung, Verantwortung für mein Handeln und für die Gesellschaft zu übernehmen.

Deshalb bin ich froh und dankbar für die Begegnung mit jungen Menschen, die sich auf die Suche nach der Bedeutung von Wahrheit in unserer heutigen Gesellschaft begeben.“

Bischöfin Kirsten Fehrs: „Die Stärkung unserer Demokratie liegt mir gerade in diesen Zeiten besonders am Herzen – und dies ausdrücklich aus christlicher Sicht und Verantwortung. Ich freue mich sehr über die Möglichkeit, gemeinsam mit jungen Menschen die aktuellen Herausforderungen unseres demokratischen Gemeinwesens konstruktiv zu diskutieren.“

Sich dabei insbesondere mit der „Wahrheit“ auseinanderzusetzen, treffe einen Nerv, zumal in der gegenwärtigen Diskussionskultur Fakten oft durch Meinungen ersetzt würden. Die aktuelle Entwicklung bei den großen Social-Media-Plattformen befördere leider diesen Trend, der zu immer mehr Polarisierung führe.

„Die letzten Wahrheiten hingegen, um die alle Religionen stets ringen, sind existenzieller Art. Sie leben vom direkten Gespräch und brauchen immer auch einen respektvollen interreligiösen Dialog.“

Nicolas Moumouni: „Die Stunde der Wahrheit“ hat heute im Referat Interkulturelle Kirchenentwicklung für uns geschlagen. … Die Schüler*innen beschäftigten besonders die Fragen: Wie steht es um Wahrheit und Kirche? Wer legt fest, was wahr und was falsch ist? Wie unterstützen wir im Referat die Menschen, deren Wahrheit übersehen wird? Das war aber noch nicht alles! Die Schüler*innen erzählten vom Schimmelmann-Mausoleum, das sie direkt von ihrem Schulhof aus sehen können. Als Sklavenhändler und -halter wurde der deutsch-dänische Kaufmann seiner Zeit zu einem der reichsten Männer Europas. Lediglich eine kleine Plakette verweist auf die Wahrheit hinter seinem Reichtum. Sie fragten uns: Was wird getan, um diese Wahrheit sichtbar zu machen?

Wir alle konnten viele neue Erkenntnisse und Impulse aus dem Gespräch mitnehmen und freuen uns besonders, junge Menschen in Zeiten der Fake News und Unwahrheiten beim Finden und Entdecken der Wahrheit zu unterstützen. Danke für den angeregten und motivierten Austausch!“ [Nicolas Moumouni, @nicolas_moumouni, 6.2.2025, „Die Stunde der Wahrheit“, Instagram-Post]